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194 | 120 Tage Wartezeit: Ein Praxisbericht zur verlängerten Laktation


In dieser Podcastfolge spreche ich mit Alice Nack über ein Thema, das auf vielen Betrieben diskutiert, aber selten konsequent umgesetzt wird: die verlängerte Laktation. Sie zeigt, wie man die freiwillige Wartezeit auf bis zu 120 Tage verlängert – und trotzdem (oder gerade deshalb) gesunde, tragende und leistungsstarke Kühe hat.

Verlängerte Laktation in der Praxis: Was hinter dem Projekt „VerLak“ steckt

Alice Nack ist Herdenmanagerin in der Agrargenossenschaft Uckermark agrar eG, einem Betrieb mit rund 1.450 Milchkühen und 81 Mitarbeitenden. Im Rahmen des Projekts VerLak (Verlängerte Laktationen) hat sie begonnen, die Besamung deutlich später anzusetzen – anfangs mit den ca. 70 Projekttieren mithilfe des TBS-Rechners, einem Tool für den tierindividuellen Besamungsstart.

Was als wissenschaftlich begleitetes Projekt begann, entwickelte sich zu einer dauerhaften Managementstrategie im Stallalltag – mit klaren Vorteilen für Kühe und Team.

Vorteile und Vorurteile: Was bringt die verlängerte Wartezeit?

Natürlich gab es anfangs Bedenken. Wird die Kuh zu fett? Sinkt die Fruchtbarkeit? Gibt es zu wenig Kälber? Alice ist all diese Fragen offen angegangen – und konnte durch das Projekt viele Sorgen widerlegen.

Ihre Ergebnisse im Überblick:

  • Ihre Kühe wurden nicht verfettet – der BCS blieb recht stabil.
  • Die Fruchtbarkeit leidet nicht, sondern verbessert sich sogar bei vielen Tieren.
  • Die Kühe zeigen eine beeindruckende Leistungspersistenz bis zum Trockenstellen. (Fütterung muss dafür passen)
  • Die Abmelker-Gruppe braucht sie nicht mehr. Heute stellt sie ohne diese Gruppe in der Regel mit ca. 28 Litern trocken

Gerade Jungkühe profitieren enorm von der verlängerten Laktation. Ihre Leistung steigt teilweise nach dem 100. Laktationstag noch weiter an – das zahlt sich aus.

Fruchtbarkeitsmanagement im großen Stil – mit klaren Standards

Da kein Eigenbestandsbesamer vor Ort ist, arbeitet Alice mit einem Dienstleister, der täglich für wenige Stunden kommt. Deshalb hat sie klare Gruppenstandards definiert – statt jede einzelne Kuh individuell über den TBS-Rechner zu steuern.

Inzwischen gibt es auf dem Betrieb:

  • 4 Besamungsgruppen mit unterschiedlichen Wartezeiten
  • Jungkühe mit 120 Tagen freiwilliger Wartezeit
  • Altkühe mit 100 oder 120 Tagen – je nach Gruppe

Diese Standardisierung hilft nicht nur im Ablauf, es ist auch organisatorisch im einfacher als mit einem individuellen Besamungsstart. Wichtig: Taste dich langsam an eine spätere freiwillige Wartezeit ran. Das System passt nicht für jede Herde und nicht für jeden Betrieb.

Kommunikation im Großbetrieb: Wie nimmt man 80 Mitarbeitende mit?

Ein weiterer spannender Teil des Gesprächs ist Alices Blick auf die Mitarbeiterführung im Milchviehbetrieb. Sie betont, wie wichtig es ist, nicht nur Entscheidungen zu treffen, sondern alle mitzunehmen – vom Besamer bis zum Melker.

Ihre Tipps:

  • Offen kommunizieren, auch bei neuen Projekten
  • Zuhören und überzeugen, nicht verordnen
  • Regelmäßige Austauschformate schaffen, auch wenn’s nur Tür-und-Angel-Gespräche sind
  • Wissen sichtbar machen – z. B. durch Markierungen im Herdenmanagementsystem oder farbige Halsbänder

Denn: Ohne Team läuft auch auf dem größten Betrieb nichts. Oder wie Alice sagt: „Ich bin nichts ohne meine Kollegen – und nichts ohne meine Kühe.“

Fazit: Verlängerte Laktation braucht Mut – und bringt viel zurück

Alice Nack zeigt eindrucksvoll, dass verlängerte Laktationen kein Risiko, sondern eine echte Chance sein können – für Tiergesundheit, Leistung und Betriebserfolg.


Mit klaren Standards, einem starken Team und der Bereitschaft, Gewohntes zu hinterfragen, hat sie ihr Fruchtbarkeitsmanagement grundlegend verändert.


Ihr Motto: Vertrauen in Kühe zahlt sich aus. Und genau das zeigt diese Folge – praxisnah, ehrlich und motivierend.

Weiterführende Links aus der Episode:

Viel Spaß mit deinen Kühen und genieße das Leben!

Dein Christian Völkner