Lahme Kühe früh zu erkennen, ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Kuhgesundheit. Viel Spaß mit dem spannendem Interview mit Top-Klauenpfleger Antoine Janssen.
Wer ist Klauenpfleger Antoine Janssen?
Antoine Janssen kommt aus Luxemburg, ist Klauenpfleger mit Leib und Seele und seit 1997 in diesem Beruf zu Hause.
Seit 15 Jahren ist er externer Ausbilder für den Bereich Klauenpflege bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
Er hat damit begonnen, Integumentschäden bei Kühen zu dokumentieren; Schäden also, die auf die Haltung der Kuh zurückzuführen sind, wie zum Beispiel die Abschürfungen am Sprunggelenk.
Antoine Janssen ist seit Kurzem auch Mitglied des „Kompetenzzentrum Klaue“ an der Universität Leipzig.
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MS Schippers, bekannt für ihre HyCare Methode bietet mit AutoHoofClean einen automatischen und hautfreundlichen Ansatz für das Klauenbadmanagement an. Das Ergebnis ist deutlich weniger Mortellaro.
Wie Landwirt, Klauenpfleger, Tierarzt, Futterberater und Wirtschaftsberater gemeinsam das Tierwohl fördern
Als Klauenpfleger kommt Antoine Janssen regelmäßig auf viele Betriebe und sieht unterschiedliche Herden. Kühe begleiten ihn schon ein Leben lang, und er befasst sich viel mit den Kuhsignalen, Anzeichen also, die Rückschlüsse auf das Befinden der Kuh zulassen.
Dank seiner jahrzehntelangen Erfahrung, den vielen Vergleichsmöglichkeiten und dem Blick von außen auf den einzelnen Betrieb erkennt er schnell, wenn eine Herde bestimmte Probleme hat, die dem Landwirt bisher nicht aufgefallen sind (Stichwort: Betriebsblindheit).
Die Lösung dieser Probleme überlässt er dabei den jeweiligen Spezialisten, gemeinsam mit dem Landwirt: Tierärzten, Futterberatern oder auch dem Bankberater.
Gleichzeitig schaut er auch auf die eigene Betriebsblindheit. So lässt er sich regelmäßig, zum Beispiel im Rahmen von Fortbildungen, von anderen Experten über die Schulter schauen und konstruktives Feedback zu seiner Arbeit geben.
Fortbildung Klauenpflege: Lahme Kühe erkennen, „bevor sie auf drei Beinen springen“
Antoine Janssen ist überzeugt: wer seine Kühe über die Zeit gut beobachtet und regelmäßig nach dem Locomotion Score nach Sprecher beurteilt, kann durch gezielte Klauenpflege Lahmheiten vorbeugen:
„‘Lahm‘ beginnt nicht erst, wenn die Kuh auf drei Beinen springt“ oder mit aufgekrümmtem Rücken vor einem steht.
Ziel sollte es immer sein, diesen Punkt gar nicht erst zu erreichen. Und dazu bedarf es laut Antoine Janssen umfassender Schulung für Landwirte und alle Menschen, die täglich mit den Kühen umgehen.
Das Angebot an Kursen zur Klauenpflege in Deutschland ist vielfältig, von Wochenkursen über Wochenendkurse und bis hin zur Möglichkeit einer mobilen Schule, die auf den eigenen Betrieb kommt.
Kern aller Fortbildungen ist neben der Vermittlung theoretischen Wissens vor allem das Üben in der Praxis: Die Klauenpflege am lebenden Tier.
Die möglichst frühzeitige Erkennung von Lahmheiten nimmt dabei immer auch großen Raum ein, indem die Schüler lernen, das Verhalten ihrer Kühe nach dem Locomotion Score von Sprecher zu beurteilen.
Auch online gibt es die Möglichkeit, sich in diesem Bereich fortzubilden, zum Beispiel auf Seiten wie https://www.klauenfitnet.de/ .
Ein guter Klauenpfleger sieht mehr als nur die Klauen: Feedback mit Fingerspitzengefühl
Bis auf wenige Ausnahmen sind Landwirte dankbar, wenn ein Klauenpfleger sie mit seinem frischen Blick von außen und seiner Erfahrung aus vielen unterschiedlichen Milchbetrieben auf Punkte aufmerksam macht, die (noch) nicht so rund laufen.
Dieses Feedback konstruktiv zu vermitteln, erfordert jedoch Fingerspitzengefühl und hin und wieder die vorab gestellte Frage: "Du, mir fällt etwas auf, darf ich das mal sagen?".
Knackpunkt sind in den meisten Fällen Arbeitsabläufe, die noch nicht optimal organisiert sind bzw. nicht konsequent eingehalten werden.
Gerade, wenn man mit mehreren Personen zusammenarbeitet und zum Beispiel jeden Tag jemand anderes melkt, helfen – besonders am Anfang – simple Checklisten dabei, die Abläufe einheitlich zu organisieren.
Und auch, wenn ein Betrieb eher als „One-Man-Show“ aufgestellt ist, nur wenige Personen also für alle auf dem Hof anfallenden Aufgaben zuständig sind, kann es helfen, auf die Prozesse zu schauen und sie besser zu organisieren.
Denn schnell verlagern sich in Zeiten saisonal hohen Arbeitsaufkommens – Stichwort: Silage machen im Mai – die Prioritäten, und Aufgaben wie der Anruf bei Klauenpfleger, Besamer oder Tierarzt fallen hintenüber, obwohl die auch in diesen Zeiten wichtig sind.
Finanzielle Auswirkungen guter Klauenpflege und guter Kuhgesundheit
Fährt der Landwirt zur Ernte selbst mit aufs Feld, sieht er schnell, wie hoch die Kosten gewesen wären, hätte er einen Lohnunternehmer damit beauftragt.
Die finanziellen Auswirkungen guter Klauenpflege und guter Kuhgesundheit oder auch verzögerter Besamungen hingegen sind nicht so leicht sicht- und greifbar. Und doch kommt unterm Strich weniger Milchgeld rein, wenn die Herde aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht die mögliche Milchleistung erbringen kann.
Integumentschäden: Abschürfungen am Sprunggelenk und weitere haltungsbedingte Schäden an der Kuh
Wenn Antoine Janssen zur Klauenpflege in eine Herde kommt, dann dokumentiert er von jeder einzelnen Kuh die haltungsbedingten Schäden, die ihm auffallen, die sogenannten Integumentschäden. In den meisten dieser Fälle handelt es sich dabei um Abschürfungen am Sprunggelenk der Kuh.
Viele Landwirte nehmen diese auf den ersten Blick kleinen Verletzungen gar nicht als solche wahr und stufen sie als „normal“ ein.
Stellt Antoine dann viele solche Schäden fest, kommen schnell die Fragen nach dem Warum und wie sie sich denn vermeiden ließen.
Zu den häufig auftretenden Abschürfungen am Sprunggelenk führen oft zu kleine Liegeboxen oder eine unpassende Bodenbeschaffenheit bzw. falsche Einstreu. Auch Mortellaro ist oftmals ein Problem.
Keine Sensortechnik der Welt ersetzt den Blick eines erfahrenen Kuhmenschen
Jede Menge Sensortechnik unterstützt heute im Milchbetrieb das Monitoring der Tiergesundheit: Wiederkauen, Liegezeiten, Temperaturen, Leitfähigkeit, Bewegung – all das können wir heute automatisiert für jede einzelne Kuh erfassen.
Und doch ersetzt das, so Antoine Janssen aus seiner eigenen Erfahrung heraus und auch basierend auf Gesprächen mit Landwirten und Tierärzten, nicht den täglichen Stallrundgang und den täglichen, erfahrenen Blick auf das einzelne Tier.
Kommt Antoine Janssen auf einen neuen Betrieb, schaut er sich den genau an – vom Großen zum Kleinen. Er beginnt mit der Stallhülle, geht runter zum Futtertisch bis zu den Tieren in ihren Boxen: Wie aufmerksam sind die? Wie sieht es mit Integumentschäden aus? Wie ist der Kuhkomfort? Die Kondition der Kühe? Wie sehen die Klauen aus?
Mit ähnlichen Antennen sieht er inzwischen auch dem Landwirt an, ob es dem gut geht. Insbesondere natürlich, wenn man sich schon länger kennt.
Links zur Klauenpflege:
Viel Spaß mit deinen Kühen und genieße das Leben!
Dein Christian Völkner